Alles wieder offen, endlich wieder shoppen? Viele wünschen sich Abstand und weniger Kontakt. Um diesem Wunsch Rechnung zu tragen, setzen viele Händler auf eine Lösung, mit der sich gerade auch Hoteliers und Gastronomen im Lockdown über Wasser halten: den Drive in.

Das Kempinski Hotel Gravenbruch am Stadtrand von Frankfurt. 225 Zimmer hat das Premiumhaus. Doch momentan beherbergen Direktorin Karina Ansos und ihre Mitarbeiter gerade mal neun Langzeit-Gäste.

Für den Neustart nach dem Lockdown stehen die Tische im Frühstücksraum schon auf Abstand – und auch sonst haben sie getan, was getan werden konnte: „Wir haben eine Inventur gemacht, wir sind ständig am Wasser laufen lassen, Putzen, Aber es ist schon … es zehrt schon an den Nerven,“ so Ansos.

Eis-Drive-in am Premium-Hotel

Um die zu schonen und das Hotel zumindest ein bisschen mit Leben zu füllen, haben sich die Hotel-Azubis etwas einfallen lassen. Man nehme: Ein paar Tische, Sonnenschirme, Kühltruhen und eine große Grillplatte. Fertig ist der Drive-in für Currywurst und Eis. Und davon gibt es einige Sorten.

„Wir haben Heidelbeeren da. Himbeere, Erdbeere. Wir haben Tutti-Frutti jetzt auch ganz neue Kreationen Marzipan Mocca, Tonkabohne oder Nimona Holunder, also die Küche versuchte auf jeden Fall Variation reinzubringen“, sagt Melissa Terranova, Hotel-Azubi.

Jeden Mittag stehen Sie aufs Neue parat – direkt vor dem Hotel-Eingang. Ganz zur Freude von Spontankäufern wie Hans-Karl Eichhorn: „Ich komme hier öfter mal vorbeigefahren, privat oder beruflich und kann dann immer ein kleines Eis für meinen Sohn mit nach Hause nehmen.“

Wein zum Mitnehmen lindert das Minus

Und auch hier mussten Sie kreativ werden: Das Grand Hotel Hessischer Hof in Frankfurt ist momentan ganz geschlossen und wird es trotz aller Lockerungen auch erstmal bleiben. Keine Gäste. Kein Umsatz. Um die laufenden Kosten zumindest ein bisschen wieder reinzuholen, eröffnet das Hotel jeden Donnerstag seinen Drive-In mit Wein vom hauseigenen Weingut.

„Es ist natürlich irgendwo ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Dominik Ritz, der Hoteldirektor. „Aber wir wollten einfach aus der Not eine Tugend machen im Endeffekt und es wird gut angenommen, auch die, die nicht kaufen, sondern vielleicht vorbeifahren erfreuen sich, dass wir lebendig sind, dass wir am Markt sind, dass wir uns bewegen und uns auch auf die Situation einstellen.“

Essen zum Mitnehmen auch in der Gastronomie

Mit einem Drive-in auf die Situation eingestellt haben sich auch die Gastronomen wie Thomas Metzmacher, der Wirt vom Apfelwein-Lokal „Zum lahmen Esel“ in Frankfurt-Niederursel. Auch hier hilft Essen zum Mitnehmen dabei, die laufenden Kosten zumindest ein bisschen zu decken und die Küche bis zum Lockdown-Ende warm zu halten.

Bestellen, Weiterfahren, Abholen – das Drive-In-Prinzip vor der Tür hat sich Thomas Metzmacher von den großen Fast-Food-Ketten abgeschaut. Ein Service, den Gäste wie Hans-Werner Opitz gerne in Anspruch nehmen: „Ich komme also in einer Woche. Zwei bis dreimal holen wir das essen, weil ich alleine seine Tat unterstützen will.“

Restaurant-Öffnungen trotz Lockdown unwahrscheinlcih

Mit dem Drive-In „Futterlogistik“ versucht sich der Wiesbadener Pub „Sherry & Port“ durch den Lockdown zu retten. Statt Tapas und Whiskey am Tresen gibt es bei ihnen jetzt immerhin Essen von der selbstgezimmerten Futter-Rampe, ganz zur Freude der Laufkundschaft, sagt Larissa Royko: „Wenn die Gäste hier vorbeilaufen und ein Lächeln ins Gesicht bekommen und sich an unserer Idee erfreuen und fotografieren. Und so, dann macht es schon Spaß.“

Ansonsten hält sich der Spaß aber in Grenzen. Denn ob sie den Normalbetrieb im Restaurant jetzt überhaupt wieder aufnehmen, wissen sie – wie viele andere Gastronomen – noch nicht, so Royko. „Einfach so zurück ist nicht. Es gibt natürlich jetzt ganz andere Vorgaben. Ganz andere Regeln. Wir müssen das jetzt einfach mal ausrechnen, wie sich das wirtschaftlich für uns darstellt.“

Handel profitiert von exisitierenden Abhollösungen

Im Gegensatz dazu läuft das Geschäft im Handel schon wieder auf Hochtouren – wie hier bei IKEA Frankfurt mit Hygienekonzept, Plexiglas und Abstandsregeln. Doch auch während des Lockdowns konnte IKEA den Betrieb am Laufen halten – „Click&Collect“ sei dank, dem Abholangebot der schwedischen Möbelkette.

„Wir haben mal gestartet mit 20 bis hundert Aufträgen für den Kunden, der einfach nur schnell was abholen möchte und sind mittlerweile durch die Corona-Krise auf 900 Aufträge pro Tag gekommen und 900 Kunden, die wir dementsprechend tagtäglich betreuen können“, sagt Catharina Jank, die stellvertretende Marktleiterin.

„To-go“ wird uns erhalten bleiben

Wie IKEA hat auch der Sportartikelhändler Decathlon in Wallau wieder regulär geöffnet – bietet aber weiter sein Abholangebot an. Die Kunden kaufen im Moment passend zu den Lockdown-Lockerungen, sagt Filialleiter Matthias Hoppe. „Aktuell ist es wirklich so, dass man das Gefühl hat, man verkauft nur Fahrräder.“

Und obwohl viele Menschen gerne schon wieder im Laden nach dem neuesten Sport-Outfit suchen, möchte Decathlon weiter auf seinen Corona-Drive-In  setzen, so Hoppe. „Ich gehe davon aus, dass wir den in mindestens ein bis zwei Monate noch brauchen werden. Einfach auch, um den Kunden Service zu bieten, kontaktlos einzukaufen und auch auf das Sortiment zuzugreifen ohne große Schlange.“

Mein Fazit: Der Drive-In hat die Wirtschaft im Lockdown am Laufen gehalten – und wird dies auch weiter tun. Händler, Hoteliers und Gastronomen setzen weiter auf „To Go“, weil viele Kunden immer noch Kontakte vermeiden wollen.

Ein Beitrag mit diesen Rechercheergebnissen wurde am 13.05.2020 um 20:15 Uhr bei mex im hr-fernsehen gesendet.