Ob Start in den Urlaub, Arbeitsweg oder Ausflug – wer auf der Marschbahn zwischen Hamburg und Westerland/Sylt fährt, kann einiges entdecken – und die vielen Facetten der Bahn genießen.

Wer hier damit anfängt Schafe zu zählen, wird garantiert nicht einschlafen. Dabei würde die schiere Zahl dem Fahrgast zu nachtschlafender Zeit sicherlich ein wohliges Schläfchen bescheren. Bei Tage und auf dieser Strecke geht das aber nicht. Da gibt es zu viel Neues zu entdecken.

Erst städtisch …

Kurz hinter Hamburg beginnt sie, die Marschbahn nach Westerland auf Sylt. Dort, wo sich die Strecke nach Dänemark trennt. Aus dem urbanen Hamburg heraus geht es zunächst am Bahnhof Altona und dem ICE-Werk in Eidelstedt vorbei. Städtisch war es bis hier. Die S-Bahn auf dem eigenen Gleiskörper nebenan.

Hier also entstehen sie, die ersten Verspätungen der ICE in Hamburg Hauptbahnhof, noch vor Abfahrt des Zuges – die so genannten „Verzögerungen im Betriebsablauf“. Aber nicht an unserem Reisetag. Da stehen genug Züge frisch gesäubert und gewartet auf dem Wartegleis. Und auch unser IC-Zug war bis auf ein paar Gnadenminuten pünktlich am Gleis.

… dann immer ländlicher

Schon bald nach Hamburg wird es aber etwas ländlicher. Der Blick weitet sich. Langgezogene Felder – unterbrochen durch einzelne Dörfer. Die Gleise unterwegs gequert durch unzählige Bahnübergänge, die im Moment selbst gesperrt sind, weil sie anascheinend saniert werden.

In Itzehoe dann das erste Highlight der Reise in den hohen Norden: Der Wechsel von Elektro- auf Diesel-Lokomotive. Denn was viele nicht wissen: Lange war das Bundesland Schleswig-Holstein das wahre Diesel-Paradies von Bundesbahn und Deutscher Bahn AG. Und ist es teilweise immer noch – trotz Hybridlokomotiven und fortschreitender Elektrifizierung.

Spätestens ab Itzehoe mit Diesel-Traktion

Und auch wenn es bald sogar Masten und Strom an der Marschbahn geben könnte (noch ist es nicht es fix) und es in einzelnen Bahnhöfen so genannte elektrifizierte Inseln am Bahnsteig gibt – ohne Brennstoff geht es nicht weiter. Deshalb dieselt auch heute die klassische Star-Lok an den Intercity – manövriert vom Lokführer, eingewiesen und angekuppelt durch einen „echten“ Rangierer in Voll-Orange.

Trotz aller Modernisierungsbestrebungen im Fuhrpark von DB Fernverkehr (Jede Woche ein neuer ICE): noch immer sind die Intercity-Züge auf der Marschbahn fest in der Hand der guten alten Baureihe 218, die hier schon so viele Jahre den „Ton“ angibt.

Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wer – so wie wir – im Wagen hinter der Lok Platz nimmt, der merkt, wie viel Kraft in der Lok steckt. Es rüttelt und schüttelt. Es brummt und summt. Und durch die Klimaanlage dringt ein wenig wohlige Diesel-Atmosphäre inklusiver bester Landluft ins Wageninnere.

Über den Nord-Ostsee-Kanal …

Und weiter geht unserer Reise. Irgendwann erklimmt die Lok – merklich etwas angestrengt –eine lange Rampe. Sie ist gesäumt von Nadelwald, der bestimmt die Hänge etwas vor dem möglichen Abrutschen schützen soll.

Die Rampe führt rauf zur Brücke über den Nordostseekanal. Von hier hat man einen wirklich tollen Überblick über das platte Land. Nur unterbrochen von Wegen, Kanälen und einigen Siedlungen – häufig mit Bauernhöfen. Und mit etwas Glück schwimmt gerade auch ein Schiff durch den Kanal – auf dem Weg von der Nord- zur Ostsee bzw. umgekehrt.

… über den Damm …

Jetzt kommen sie schon die Städte, die so wunderschön norddeutsch klingen: Husum, Heide (Holstein), Husum, Niebüll. Im letzteren Ort befindet sich dann auch schon die Autozugverladeanlage und das große Diesel-Werk der DB im Norden. Hier warten sie auf ihren Einsatz: Die abgestellten 218er, 245er und Triebwagen. Und hier startet der Auto-Zug nach Sylt, der viele Autofahrer auf die Insel bringt.

Auto-Züge, Intercitys und Regionalzüge, sie alle teilen sich den Damm durch die Nordsee, der am 1. Juni 1927 nach einer Bauzeit von vier Jahren in Betrieb ging. Ursprünglich eingleisig. Seit den 1970er Jahren zweigleisig.

… bis an den Strand

Auch wenn der Damm, der dank eines besonderen Landgewinnungsverfahrens, relativ stabil in der Nordsee liegt, auf den Bildern immer ziemlich lang erscheint: Die Zeit vergeht wie im Fluge – und der Zug kommt am Endbahnhof in Westerland an. Alle Aussteigen! Der Zug endet hier.

Von hier aus sind es nur noch wenige Gehminuten – und der Blick weitet sich endgültig. Denn hier am Strand von Westerland, wo einem der Wind um die Nase weht, trennt einem nur noch das Meer vom Horizont. Einfach wunderbar.

Am 28.02.2024 ging es mit dem Intercity von Hamburg nach Westerland/Sylt und zurück.