Im vergangenen Jahr sind die Menschen 3,5 Milliarden Mal geflogen. So viel wie noch nie! Grund genug, einmal in Ruhe über die Faszination Fliegen nachzudenken.

Manchmal scheint es mir, als befinde sich das letzte „Paradies“ weit über den Wolken. Gerade eben noch sind die Turbinen aufgeheult. Der Schub hat mich fest in den Sitz gedrückt. Jetzt werden die Bäume, Häuser und Autos langsam kleiner. Und mit ihnen auch Regenwetter, Unklarheit und jegliche Hektik.

Über den Wolken scheint immer die Sonne

Hat das Flugzeug die Wolken erstmal durchbrochen, bleiben Regen, Schnee und schlechte Laune darunter zurück. Hier oben, weit über dem Boden, scheint immer die Sonne. Ich habe immer ein richtiges Lächeln im Gesicht, wenn die ersten Sonnenstrahlen über den Wolken durch das Flugzeugfenster fallen, mich in meinem Gesicht kitzeln und ich deswegen die Augen zusammenkneifen muss. Und danach durchströmt meinen Körper immer diese wohlige Wärme. Wie angenehm schön.

Wer Glück hat und am Fenster sitzen darf, der hat zusätzlich das Vergnügen neuer Aussichten. Mein Sichtfeld weitet sich immer beim Blick aus dem Flugzeugfenster. Aus der  Vogelperspektive schaue ich hinab auf diese wundersame Welt, in der sich unser wunderbares Leben abspielt. Dieser Überblick hat mir schon so manchen wunderbaren Einfall verschafft.

Unentschuldigtes Fehlen von der Welt der Aufmerksamkeitsfallen

Und dann ist da auch noch diese Ruhe. Eigentlich ist sie das Schönste am Fliegen. Das Flugzeug ist einer der wenigen Orte, an dem wir unserer vernetzten Welt, ihrer Schnelligkeit und all ihrer verlockenden Aufmerksamkeitsfallen noch unentschuldigt fernbleiben dürfen. „Ich saß im Flieger“, das versteht jeder, der mal wieder unbedingt sofort eine Antwort haben wollte, aber nicht durchgekommen ist.

Der Flugmodus schützt uns jedoch nicht nur vor unerwünschten Anrufern und Whatsapp-Nachrichten. Sondern auch davor, die Beziehungsprobleme des in das Smartphone schreienden Sitznachbarn mithören zu müssen. Dessen Probleme müssen warten, bis er nach der Ankunft wieder in der S-Bahn losplärren kann.

Im Grunde ist so ein Flug weit über den Wolken wie kleiner Wellnessurlaub für Körper und Geist. Warum dann noch der Urlaub auf Malle, wenn uns der Flug dorthin doch schon zur Erholung reichen könnte?

Wie ein zeitlich begrenzter Wellnessurlaub

Den Urlaub braucht man schon alleine deswegen, weil die Wellness an Bord mit dem Aufleuchten der Anschnallzeichen ein jähes Ende findet. Je näher Bäume, Häuser und Autos kommen, desto stärker werden Regenwetter, Unklarheit und Hektik. Der Pilot kämpft mit dem Seitenwind. Die Stewardess verkündet Gate-Änderungen, alle anderen sollten aber auch ruhig noch einmal auf Änderungen achten. Spätestens wenn nach der Landung fast alle 300 Passagiere minutenlang ungeduldig im Gang stehen und das Aussteigen kaum erwarten können, ist der Alltag wieder an Bord angekommen.

In diesem Moment bleibe ich immer noch ein bisschen an meinem Platz sitzen. Ich schaue durch das Fenster auf das Nachbargate und den Himmel. Und dann träume ich mich noch einmal zurück in dieses letzte „Paradies“ weit über den Wolken.

Dieser Artikel erschien in der Sommerausgabe 2016 des Gemeindebriefes der evangelischen Kirchengemeinde Düsseldorf-Wersten.