Vom Auto zum Flieger in Rekordzeit – mit der Eröffnung des neuen Berliner Flughafens BER endet dieses Kapitel deutscher Verkehrsgeschichte. Ein letzter Besuch  im Flughafen Berlin-Tegel.

Schon die Anfahrt stimmt mich melancholisch. Immer wieder blitzen Relikte der untergegangenen Airberlin durch das Busfenster, während die Linie „TXL“ gut besetzt den Saatwinkler Damm herunterdieselt.

Bescheiden und erhaben: Der Flughafen Otto Lilienthal

Vorbei geht es am Berliner Hafen mit all den Containern und den Kanälen, die man auch bei der Landung aus dem Flugzeugfenster sieht. Dann fahren wir die Rampe rauf. Und dort erstreckt sich bescheiden, aber dennoch erhaben der Flughafen Berlin-Tegel Otto Lilienthal.

Ein Airport, der schon zur Eröffnung im Jahr 1974 Maßstäbe setzte. Nicht nur, dass er als Erstlingswerk den damals noch unbekannten und heute berühmten Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg den Weg zum Weltruhm geebnet hat.

Drive-in-Konzept als Erfolgsgeheimnis

Das Drive-In-Konzept wurde in Tegel perfektioniert. In kürzester Zeit vom Auto in den Flieger – dafür liebten die Fluggäste aus aller Welt und die Berliner ihren Flughafen Tegel.

Eine Idee, die damals noch perfekt ins Konzept der Lufthansa gepasst habe, erklärte mir Architekt und Tegel-Schöpfer Meinhard von Gerkan vor drei Jahren bei einem Interview. So etwas finde man auf der Welt heute nicht mehr.

Tatsächlich: Angesichts der Singapur-Changis, London-Heathrows und Chicago O’Hares  dieser Welt mit ihren endlosen Sicherheitsschleusen und Shoppingmeilen war Tegel immer ein kleiner Hort der Entspannung, von dem auch ich gerne geflogen bin.

Meine Flugerinnerungen an Tegel

Das erste Mal im Jahr 2010. Es ging im Mai nach Moskau. Los ging es mit Airberlin leider nicht vom markanten Sechseck aus. Sondern vom Übergangsterminal mit Lagerhallenromantik namens „Terminal C“.

Wenig später dann das erste Mal „Hauptgebäude“ bzw. „Terminal A“ bei einem Airberlin-Flug nach Düsseldorf. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie das Personal gegen die wohl allabendlich üblichen Verspätungen kämpfte – die Kapazitätsgrenze war erreicht.

Ganz besonders in Erinnerung ist mir aber ein Flug von Frankfurt nach Berlin-Tegel. Es war kurz nach der Airberlin-Insolvenz. Da setzte die Lufthansa doch tatsächlich ihre Jumbos vom Typ 747-400 im Inlandsverkehr ein. Und ich war beim Jungfernflug dabei.

„Eigentlich schade um unseren Tegel“

Kurz vor der Schließung von Berlin-Tegel (voraussichtlich im November) war es mir deshalb wichtig, noch einmal Abschied zu nehmen. Viele Restaurants und Souvenirshops sind bereits ausgezogen. Und trotzdem ist dieses Gefühl eines entspannten Abflugs, obwohl ich heute gar keine Bordkarte habe.

Und nicht nur mir geht es so. In einem der verglasten Treppenhäuser mit bester Aussicht auf den Sonnenuntergang und das Vorfeld komme ich mit einer mittelalten, blonden kurzhaarigen Frau ins Gespräch. Wie ich ist sie extra nochmal rausgefahren, um ein paar Fotos zu machen.

Und irgendwie spricht sie mir aus der Seele als sie sagt: „Eigentlich schade um unseren Tegel. Für den europäischen und innerdeutschen Verkehr hätten sie ihn wenigstens offen lassen können.“

Dem Flughafen Berlin-Tegel stattete ich am 16.09.2020 einen Abschiedsbesuch ab.