Wasser, Sonne, Wind – erneuerbare Energien sollen künftig den deutschen Strombedarf decken. Doch die sind nicht immer verfügbar. Um Blackouts zu vermeiden, werden Stromvorhersagen immer wichtiger – so wie die von Enercast in Kassel.

Nicht mal ein laues Lüftchen bewegt die Rotoren der Windparks im Kasseler Umland. Kein Wind, kein Strom – eine Gefahr für das Netz und die Stromversorgung der Verbraucher. Zum Glück wussten sie das in der Netzleitstelle vom Energienetz Mitte in Baunatal schon drei Tage vorher. So konnten Timm Eberwein und seine Kollegen das Stromnetz exakt auf diese Wetterlage ausrichten.

„Flaute bedeutet für uns, dass wir eben eine geringere Einspeisung an erneuerbaren Energien haben“, sagt Timm Eberwein, Leiter Netzleitstelle Energienetz Mitte. „Und dadurch können wir eben betriebsbedingte oder planbare Arbeiten durchführen, ohne dass wir dort eben auf die Erzeugung achten müssen.“

Kurzfristige und langfristige Leistungsprognosen

Immer mehr Strom kommt aus erneuerbaren Energien – weil es aber nicht immer genug Sonne und Wind zum Einspeisen ins Netz gibt, muss noch konventioneller Strom zugekauft werden. Dafür brauchen Energieunternehmen zuverlässige Stromvorhersagen. Und die bekommen sie von Enercast, einem Startup aus Kassel. Seit sechs Jahren machen sie hier Vorhersagen für die Energiewirtschaft – und dabei geht’s nicht nur ums Wetter.

„Wir liefern Leistungsprognosen, das heißt wir sagen vorher, wie viel Strom ein Windpark oder eine Solaranlage in der Zukunft produzieren werden“, sagt Henning Schulze-Lauen, Mitglied der Geschäftsführung der Enercast GmbH. „Das kann sehr kurzfristig sein für die nächsten 15 Minuten. Das kann langfristig sein.“

Sogar bis zu 40 Tage in die Zukunft reichen die Prognosen. Damit die viel genauer sind der klassische Wetterbericht, hat Enercast gemeinsam mit dem Frauenhofer Institut einen lernenden Algorithmus entwickelt. Er wird nicht nur mit Daten von 12 Wetterdiensten, sondern auch mit geografischen Profilen und historischen Wetteraufzeichnungen gefüttert.

Die Algorithmen überprüfen sich selbst

Das Besondere: „Das Programm kann sich selbst überprüfen“, sagt Waldemar Lautenschlager, Softwareentwickler bei der Enercast GmbH. „So wie halt auch Menschen durch ausprobieren lernen, so machts auch der Computer, nur machts der Computer deutlich schneller.“

Kasseler Schnelligkeit, auf die immer mehr Kunden zählen: Mittlerweile liefert Enercast seine Prognosen an Energieunternehmen in 19 Ländern – neben Deutschland sind das Kunden in vielen europäischen Ländern, aber auch in den USA, der Türkei und Indien.

Das Startup hatte 2016 einen Jahresumsatz von 2 Mio. Euro und gehört zu den drei größten Stromvorhersagern weltweit – damit das so bleibt, will Enercast jetzt seine Produkte weiterentwickeln.

Enercast entwickelt sich weiter

„An unseren Produkten ist wichtig, dass wir unseren Kunden einen besseren Zugang zu unseren Daten geben, tiefere Einsichten ermöglichen, in die Prognosen, die wir liefern.“, sagt Henning Schulze-Lauen. In den Zustand ihrer Systeme. Aber auch neue Werkzeuge, mit denen unsere Kunden zum Beispiel neue Analysen machen können, wenn es darum geht neue Windparks in Betrieb zu nehmen.“

Dazu soll im kommenden Jahr auch ein neues Online-Portal an den Start gehen. Dann wird es für Tim Eberwein und seine Kollegen in der Netzleitstelle Baunatal noch leichter sein, ihr Netz gegen witterungsbedingte Stromausfälle zu schützen – und die Verbraucher bei der nächsten Wind-Flaute gut mit Strom zu versorgen.

Der Beitrag über „Enercast“ lief am 20.12.2017 in der „hessenschau“ und in „hessenschau kompakt“ im hr-fernsehen.