Literaturübersetzer machen uns fremde Welten zugänglich. Ihnen verdanken wir das Lesen so manchen Meisterwerks in unserer Muttersprache. Doch dahinter steckt ein hartes Leben – mit knappen Honoraren, Zeitdruck und viel Liebe für die Literatur.

In ferne Welten eintauchen, fremde Kulturen entdecken, Erfahrungen und Geschichten fremdsprachiger Autoren ganz einfach auf Deutsch nachlesen – was für viele von uns so selbstverständlich im Buchregal steht, ist gar nicht so selbstverständlich.

Versteckte Leistungen auf Seite 2

Es ist die auf Seite 2 versteckte Leistung der Literaturübersetzerinnen und -übersetzer wie Barbara Neeb, Katharina Schmidt oder Michael Kegler, die uns den Originaltext für uns verständlich auf Deutsch zugänglich machen.

„Ich muss dem Ursprungstext treu bleiben“, sagt Michael Kegler. Und um ihm treu zu bleiben müsse er sich von ihm entfernen. „Es ist so wie ein Tanz auf dem Schlappseil. Man hat keine gerade Linie, sondern man muss sich so durchlavieren… und zwar so, dass es am Ende ein sehr stimmiger Text da ist, der sich nicht liest wie übersetzt. Das ist das Ideale dann.“

Es geht eben nicht um die direkte Übertragung der fremdsprachigen Texte ins Deutsche. Es geht darum, die Botschaften, Denkweisen und Eigenheiten der fremden Sprache und des Autors zu transportieren. Bei Michael Kegler aus dem Portugiesischen, bei Katharina Schmidt und Barbara Neeb als Übersetzer-Tandem aus dem Italienischen und Französischen.

Neues Buch, neue Herausforderung

Jedes Buch – eine ganz eigene Herausforderung, sagt Übersetzerin Katharina Schmidt. „Die ersten 10 Seiten überlege ich manchmal, ob ich noch übersetzen kann“, sagt Schmidt. Das gebe sich dann. „Aber es ist wirklich so … für die ersten 30 Seiten … braucht man bei einem 200 Seiten Buch, oft so lange wie für den Rest…“

„Aber in dem Fall kann man sagen, gut dass wir ein Tandem sind… das sind wir dann gerne…“, sagt Barbara Neeb. „Das ist nämlich auch ein Grund, warum wir gerne zusammen arbeiten … dass man einfach sagen kann: Wie geht’s dir denn mit dem Text… und die andere ist ja genau so gut drin …“

Geringe Honorare, seit Jahren nicht erhöht

Das alles kostet Mühe und Nerven, und muss innerhalb weniger Wochen zum Verlag … wird aber alles andere als üppig bezahlt, erfahren wir von Barbara Neeb. „Sollen wir Zahlen nennen … 20.000 ist ungefähr ein Durchschnittsverdienst.“ Also 20.000 Euro im Jahr.

Wenig Geld gibt es auch für Michael Kegler. „Ich versuche jetzt auch meine Seitenpreise hochzuschrauben, weil alles ist teurer geworden. Und wir haben natürlich unsere Honorare auch 20 Jahre nicht erhöht.“

Ohne Zusatzjobs geht es nicht

Sie kommen damit klar und lieben, was sie tun. Doch ohne Zusatzjobs geht’s nicht. Michael Kegler jobbt regelmäßig in einer kleinen portugiesischen Buchhandlung und organisiert Lesungen. Barbara Neeb und Katharina Schmidt bringen ihre Veranstaltungen zu Youtube ins Internet.

„Wir versuchen ein bisschen auch die Übersetzenden bekannt zu machen. Die deutsche Stimme von oder Veranstaltungen oder wenn irgendwie ein Jubiläum war, wo es ums übersetzen ging, versuchen wir mitzufilmen“, sagt Neeb. In der Hoffnung, dass Leser und Verlage noch mehr wertschätzen können, wie die fremden Welten tatsächlich ihren Weg ins Deutsche finden.

Der Beitrag über die Literaturübersetzer lief am 21.10.2023 im Nachtmagazin im Ersten und am 15.10.2023 in der Hessenschau im hr-fernsehen.